Akribische Planung und strenge Kontrolle
Fachartikel
Akribische Planung und strenge Kontrolle
Die Vermehrung und Aufbereitung von Saatgut ist ein aufwendiger Prozess.
Die Reinsdorfer Agrargenossenschaft aus Sachsen gibt Einblicke in die verantwortungsvolle Arbeit.
Die Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG bei Waldheim, rund 60 Kilometer westlich von Dresden, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Ursprünglich als LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) mit Pflanzen- und Tierproduktion gegründet, hat sich der Betrieb heute zusätzlich ein Standbein in der Saatgutproduktion aufgebaut. Dabei setzt die Genossenschaft auf nachhaltige Anbaumethoden, innovative Technik und eine gezielte Marktstrategie.
Der Klimawandel stellt Landwirte vor neue Herausforderungen. In Reinsdorf begegnet man diesen mit einer Mischung aus Erfahrung und Innovation. „Wir setzen verstärkt auf trockenresistente Sorten“, erläutert Charlotte Glitz, Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft. „Aber das allein reicht nicht. Unser gesamtes Anbausystem muss sich anpassen.“ Extremwetterlagen wie Trockenperioden im Sommer und feuchte Frühjahre erschweren die Planung. „Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir flexibel reagieren müssen“, ergänzt sie. Die Fruchtfolgegestaltung ist dabei ein Schlüsselelement. Auf einer bewirtschafteten Fläche von 1.200 ha hat die Genossenschaft neben den klassischen Kulturen wie Weizen, Gerste und Raps, auch auf 95 ha Triticalevermehrung als wichtige Säule etabliert. Aber auch Leguminosen wie Erbsen finden ihren Platz. „Sie lockern die Fruchtfolge auf, binden Stickstoff und verbessern die Bodenstruktur. Das spüren wir in der gesamten Rotation“, stellt Glitz heraus.
Effizient durch nachhaltige Praktiken
Die Genossenschaft hat sich auf die Vermehrung und Aufbereitung von Saatgut spezialisiert und bedient mit Triticale eine wichtige Marktnische. „Triticale vereint die Vorteile von Weizen und Roggen. Sie ist robust, anspruchslos und liefert stabile Erträge – ideal für unsere Bedingungen“, erklärt Marco Rost, Leiter der Saatgutproduktion.
„Durchwuchs ist der Feind jedes Vermehrers“, weiß Rost. „Deshalb planen wir die Fruchtfolge auf den Vermehrungsflächen besonders akribisch. In der Vermehrung haben wir deutlich strengere Vorgaben als im regulären Ackerbau“, betont er. Besonders wichtig ist eine weite Fruchtfolge, die die Bestände sauber hält und das Risiko von Durchwuchs, Krankheiten und Schädlingsbefall minimiert.
Während der Vegetation werden die Bestände intensiv betreut. Geschulte Mitarbeiter kontrollieren regelmäßig auf Fremdbesatz. „Wenn nötig, gehen wir mit einigen Mitarbeitern durchs Feld und selektieren per Hand“, erklärt Rick Hertzsch, zuständig für die Vermehrungsvorhaben. „Das ist zwar aufwendig, aber für Spitzenqualität im Z-Saatgut-Bereich unerlässlich.“
Die Auswahl der richtigen Sorten spielt ebenfalls eine Schlüsselrolle. Besonders bei Weizen ist Stickstoffeffizienz von Bedeutung. „Unser Ziel ist es, mit minimaler Düngung maximalen Proteingehalt zu erzielen.“ Daher wird jedes Jahr die Düngestrategie neu bewertet und angepasst, statt pauschal festgelegte Mengen zu verwenden.
Der Fahrer der Pflanzenschutzspritze spielt ebenfalls eine unverzichtbare Rolle. Er kennt die Felder in- und auswendig und gibt einen ersten Eindruck der Bestände wieder. Diese enge Betreuung sorgt dafür, dass potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und zielgerichtet behandelt werden. Die weite Fruchtfolge trägt nicht nur zur Vermeidung von Krankheiten bei, sondern auch zur Reduktion des Schädlingsbefalls. „Schädlinge wie das Getreidehähnchen oder der Maiszünsler fühlen sich bei engen Fruchtfolgen besonders wohl“, warnt Hertzsch. Der Fruchtwechsel unterbricht den Entwicklungszyklus vieler Schädlinge und reduziert so den Befallsdruck. Auch Pilzkrankheiten wie Schwarzbeinigkeit oder Halmbruch treten vor allem bei engen Fruchtfolgen auf. Der Wechsel mit Blattfrüchten wie Raps oder Leguminosen verringert den Krankheitsdruck und minimiert den Einsatz von Fungiziden.
Zusätzlich trägt die Fruchtfolge zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei. „Mit Zwischenfrüchten und stickstoffbindenden Pflanzen wie Erbsen verbessern wir die Bodenstruktur und verringern den Bedarf an zusätzlichem Dünger“, erklärt er. Diese nachhaltige Strategie fördere nicht nur stabile Erträge, sondern stelle Saatgut mit den höchsten Qualitätsanforderungen sicher.
Präzision in der Saatgutaufbereitung
Die Saatgutproduktion endet nicht mit der Ernte – im Gegenteil: Die Qualitätssicherung wird auch während der Aufbereitung fortgeführt. Nach der Einlagerung wird die Rohware streng kontrolliert. Die optimale Feuchte bei der Einlagerung liegt bei 15–16 %. Durch konsequentes Runterlüften auf unter 20 °C wird die Lagerfähigkeit gewährleistet.
Der Prozess der Saatgutaufbereitung erfolgt in der Reinsdorfer eG in mehreren Stufen:
- Grobreinigung: Entfernen von Fremdbesatz mittels Sieben und Wind.
- Spezialreinigung: Bruchkorn und Fremdbesatz werden durch Trieur-Trommeln entfernt.
- Silo-Lagerung: Unter kontrollierten Bedingungen wird das Saatgut zwischengelagert und eine Probe wird im Labor auf die Beschaffenheit überprüft.
- Wenn alle Parameter zur Eignung für Z-Saatgut eingehalten werden, wird eine Anerkennung erteilt und die Ware ist handelsfähig.
- Beizung und Verpackung: Big Bags, Papiersäcke oder lose Verladung auf LKW.
„Unsere Aufbereitungskapazität reicht von zwei bis sechs Tonnen pro Stunde, je nach Reinigungsanlage“, berichtet Rost. Ein besonderer Fokus liegt auf der schonenden Behandlung des Z-Saatgutes. Fallhöhen werden minimiert und Becherwerke laufen auf reduzierter Geschwindigkeit, um Bruchkorn zu vermeiden. „Wir wollen nicht nur die Mindeststandards erfüllen, sondern stets das Optimum erreichen“, betont Glitz.
Die Vermarktung des Z-Saatgutes erfolgt dann über die Geschäftsstellen von Saatgut 2000, der einzigen neu gegründeten VO-Firma im Osten Deutschlands. „Eine regionale Vermarktung wäre der Idealzustand, aber aktuell nicht realistisch“, muss Glitz zugeben. „Die Region um Dresden ist kein typisches Triticaleanbaugebiet. Aber unser Ziel ist es, den Bereich der Saatgutvermehrung weiter auszubauen und weitere Potenziale zu erschließen, indem wir gezielt auf Nachfrage reagieren und unser Sortiment erweitern“, so Glitz.
Digitale Pläne für die Zukunft
Doch trotz aller Erfolge bleibt die Landwirtschaft ein herausforderndes Geschäft. Der Kampf um Pachtflächen, steigende Auflagen und schwankende Märkte fordern die Genossenschaft. „Wir müssen ständig am Ball bleiben“, sagt Glitz. „Stillstand können wir uns nicht leisten.“
Für die Zukunft hat man große Pläne. Wie erwähnt, soll die Saatgutvermehrung weiter ausgebaut werden. Aber auch in Sachen Digitalisierung und Präzisionslandwirtschaft will man vorangehen. „Wir investieren in Technik und Know-how. Aber immer mit Augenmaß. Die Technik soll uns unterstützen, nicht ersetzen“, ergänzt sie.
Ein besonderes Anliegen ist der Genossenschaft der Nachwuchs. „Wir bilden aus und bieten jungen Menschen eine Perspektive“, betont sie. „Denn nur mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern.“
Fazit
Die Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG zeigt, wie sich Tradition und Fortschritt vereinen lassen. Mit einem klaren Fokus auf Qualität, nachhaltigen Anbaumethoden und der Spezialisierung auf die Saatgutvermehrung hat sich der Betrieb eine starke Position erarbeitet.
Jennifer Nickel
Getreidefonds Z-Saatgut e. V.

Die Reinsdorfer Agrargenossenschaft in Waldheim bewirtschaftet 1.200 ha Fläche.
Foto: Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG


Marco Rost sorgt für die fachgerechte Aufbereitung des Z-Saatgutes.
Foto: Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG

Für die Ernte werden zwei John-Deere-Mähdrescher eingesetzt, die durch ihr Rotorsystem die Körner schonen ausdreschen.
Foto: Niklas Polster/Luftbilder_HD

Die 95 ha Triticalevermehrung werden in der eigenen Anlage aufbereitet und durch Saatgut 2000 vermarktet.
Foto: Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG

Die Drillmaschine sorgt mit hoher Flächenleistung für eine termingerechte und gleichmäßige Saatgutablage.
Foto: Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG

Die Gülle aus der Milchviehhaltung (knapp 500 Rinder) und die Gärreste der 549 kW-Biogasanlage werden als organische Dünger auf den Feldern ausgebracht.
Foto: Reinsdorfer Agrargenossenschaft eG