Fachartikel
Die Kunst der Saatgutvermehrung:
Z-Saatgut-Vermehrer und -Aufbereiter zieht Bilanz
2023 war ein Jahr der Extreme – das kalte und nasse Frühjahr verzögerte die Aussaat, durch die Frühsommertrockenheit gerieten u. a. die Sommerungen unter Trockenstress, und der verregnete Juli/August sorgte für wochenlange Druschpausen und ließ einige Bestände ins Lager gehen. Vor allem die Flächen im Norden und Westen Deutschlands waren von Auswuchs betroffen. Gegebenheiten, die besonders in der Saatgutproduktion erfahrene und fachkundige Profis erfordern, um am Ende Qualitätssaatgut für die Landwirte herstellen zu können.
Saatgutvermehrer in der 3. Generation
Ulrich Horsch aus dem baden-württembergischen Maulbronn ist einer dieser Profis. Seit der Übernahme des elterlichen Betriebes 1996 hat Horsch den Betriebszweig der Vermehrung und Aufbereitung kontinuierlich ausgebaut. „Die Saatgutvermehrung ist mehr als nur eine Tätigkeit – es ist eine Tradition, die wir seit drei Generationen mit Herzblut verfolgen. Durch stetige Anpassungen und Investitionen haben wir nicht nur die Technologie vorangetrieben, sondern auch unser Vermehrungssortiment vielfältig erweitert“, betont der erfahrene Betriebsinhaber.
Die Vielfalt im Fokus: Z-Saatgut und mehr
Aktuell vermehrt der Elfinger Hof zwei Sorten Wintergerste, sechs Sorten Winterweizen, eine Sorte Sommerweizen und zwei Sorten Sommerbraugerste. Die Breite des Vermehrungssortiments dient nicht nur der optimalen Auslastung der Aufbereitungsanlage, sondern hat auch das Ziel, ein breites und angepasstes Portfolio für die Landwirte in der Region bereitzustellen. Auf dem Betrieb von Ulrich Horsch wird nur Saatgut aus der eigenen Vermehrung aufbereitet. „Die Produktion von Z-Saatgut erfordert höchste Qualitätsstandards. Daher haben wir vor einigen Jahren entschieden, uns aus der Aufbereitung von Saatgut anderer Betriebe zurückzuziehen, um die Kontrolle über die Qualität von Anfang bis Ende zu behalten“, erklärt der Vermehrer.
Ulrich Horsch (rechts) und sein Mitarbeiter Werner Ludwig beim Absacken des gereinigten Z-Saatgutes
Foto: U. Horsch
„Ich habe den Anspruch, unseren Landwirten Z-Saatgut höchster Qualität anzubieten.“
Qualität beginnt auf dem Feld
Die Qualität des Saatgutes steht und fällt nicht nur mit der Aufbereitung, sondern beginnt bereits auf dem Feld. „Eine sorgfältige Bodenbearbeitung, eine durchdachte Fruchtfolge und die Vermeidung von Ausfallgetreide sind von grundlegender Bedeutung. Besonders im Kontext von Z-Saatgut ist eine akribische und in den meisten Fällen händische Feldbereinigung vor der Ernte unerlässlich“, betont Horsch. Für ihn kann eine erfolgreiche Vermehrung nur in weiten Fruchtfolgen mit konsequentem Wechsel von Sommer- und Winterungen erfolgen. „Unsere Fruchtfolge unterscheidet sich oft von der unserer Berufskollegen“, stellt Horsch fest. Wintergerste wird beispielsweise nach Raps oder anderen Blattfrüchten vermehrt. Die Wintergerstenvermehrung nach Weizen ist aufgrund von Weizendurchwuchs nicht möglich. Ein weiterer Punkt betrifft das Glyphosatverbot. Falls es bestehen bleibt, wird die Sommergerstenvermehrung nach Weizen in Mulchsaat nicht mehr möglich sein, da der Weizendurchwuchs nicht zu 100 Prozent mechanisch bekämpft werden kann. Daher plant der Landwirt, die Sommergerste nach spätgerodeten Zuckerrüben zu vermehren. Ebenfalls vermieden wird die Ausbringung von Stallmist vor Getreide, um Verunreinigungen durch Getreidereste aus dem Stroh zu verhindern. Die Keimung des Ausfallgetreides ist die Grundvoraussetzung für die anschließende mechanische Bekämpfung. Hier setzt der Landwirt auf eine Grundbodenbearbeitung, gefolgt von einem Feingrubber mit Gänsefußscharen. Ein entscheidender Unterschied zu anderen Landwirten besteht darin, dass der Walzennachläufer durch einen Striegel ersetzt wurde. Dadurch werden Pflanzen nicht erneut angedrückt und können nicht weiterwachsen. Ein Vergraben des Ausfallgetreides muss laut dem Vermehrer durch Pflügen oder tiefes Grubbern vermieden werden, da es sonst in den folgenden Jahren immer wieder Verunreinigungen in den Vermehrungsbeständen nach sich zieht.
„Unsere Entscheidungen auf dem Feld beeinflussen direkt die Reinheit, Keimfähigkeit und Sortenreinheit des produzierten Z-Saatgutes.“
Auch nach der Ernte legt der Betriebsinhaber großen Wert auf Sauberkeit und Hygiene auf dem Hof und im Getreidelager. So werden die Getreideannahme und alle an der Aufbereitung beteiligten Geräte nach jedem Arten- und Sortenwechsel penibel gereinigt, damit Vermischungen ausgeschlossen werden. Um Keimfähigkeitsverluste zu minimieren, wird das Getreide möglichst schonend gedroschen, transportiert und schonend entgrannt.
Saatgutsaison 2023 auf dem Elfinger Hof
Da die Getreideflächen des Elfinger Hofes im Frühdruschgebiet liegen, war die Qualität der Saatware insgesamt gut. Die Keimfähigkeiten waren überwiegend sehr gut bis gut, jedoch brachte die Sommertrockenheit im Juni und Juli vor allem bei späteren Weizensorten und der Sommergerste Herausforderungen in der Sortierung mit sich. Einige Partien mussten daher zweimal gereinigt werden, um eine Spitzen- Saatgutqualität zu gewährleisten, wobei laut Horsch bis zu 30 Prozent Sortierabgang akzeptiert werden musste.
Der verregnete Sommer führte beim Betriebsinhaber vermehrt zu besorgten Anfragen bezüglich der Saatgutverfügbarkeit von Saatweizen. „Die Bestellungen für Weizensaatgut trafen frühzeitig ein, da Landwirte befürchteten, dass es aufgrund der Witterungsbedingungen knapp werden könnte“, resümiert Horsch.
Trotz der reichlichen Wintergerstenernte, konnte diese aufgrund des deutlichen Rückganges der Schweinehaltung nicht vollständig vermarktet werden. Im Gegensatz dazu verzeichnete der Saatweizen einen erfolgreichen Absatz. Angesichts dieser Erfahrungen zieht das Unternehmen Rückschlüsse für die kommende Saison. So wird die Sommergerstenvermehrung, insbesondere für die Herbstsaat, ausgebaut. Seit fünf Jahren ist der Elfinger Hof auch in der Sojabohnenvermehrung tätig und hat dabei gezielt eine bestimmte Sorte in den Fokus genommen. In dieser Zeit wurde die Aufbereitungsanlage entsprechend modifiziert, um die Förderwege und Fallhöhen zu verringern.
Damit reagiert das Unternehmen strategisch auf die Marktanforderungen und strebt eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Saatgutsaison an.
Herausforderungen der Branche
Die größte Herausforderung für den Familienbetrieb liegt, neben der Witterung, in der wirtschaftlichen Darstellung der Saatgutvermehrung sowie im bürokratischen Aufwand. „Steigende Kosten setzen uns unter Druck. Die Investitionen in Anlagentechnik, die steigenden Dokumentations- und Zertifizierungskosten erfordern eine fortwährende Anpassungsfähigkeit“, gibt der Betriebsinhaber zu bedenken.
„Die Qualität unserer Arbeit spiegelt sich unmittelbar im Endprodukt, dem Z-Saatgut, wider. Um weiterhin auf diesem Qualitätsniveau agieren zu können, müssen die Kosten der Vermehrung und Aufbereitung angemessen berücksichtigt werden“, hebt der Vermehrer hervor. „Es ist entscheidend, dass Landwirte die Bedeutung dieser Kosten für ein hochwertiges Produkt verstehen und bereit sind, angemessene Preise dafür zu zahlen. Nur so können wir die gewohnten Standards und die Erwartungen unserer Kunden erfüllen.“
Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Motivation hoch. „Positive Rückmeldungen zum Z-Saatgut bestätigen nicht nur die Qualität der Aufbereitung, sondern spornen mich und mein Team an, auch in Zukunft höchste Standards zu erreichen“, unterstreicht Ulrich Horsch.
Vor der Feldbestandsprüfung werden die Saatgutvermehrungsflächen händisch von Fremdbesatz gereinigt.
Foto: U. Horsch