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Hand in Hand effizient und nachhaltig arbeiten
Wer einen Ackerbaubetrieb bewirtschaftet und zusätzlich noch außerlandwirtschaftlich tätig ist, muss mit dem Faktor Zeit haushalten. Hier kommt es auf höchste Effizienz an, die pflanzenbauliche Erfordernisse berücksichtigt, aber auch auf gesellschaftliche Erwartungen eingeht. Behilflich sind eine Top-Technik und zuverlässige Betriebsmittel. Am Ende steht dann die Erkenntnis, dass Effizienz nicht nur für Schlagkraft, sondern auch für Nachhaltigkeit steht.
Es ist ambitioniert, einen Ackerbaubetrieb mit einem zweiten Beruf abseits der Landwirtschaft zu kombinieren. Wer sich dafür entscheidet, verlagert seine Feld- und Büroarbeiten meistens in die Zeit, in der andere ihrem Hobby frönen oder einfach nur die Seele baumeln lassen. Das kann nur klappen, wenn Freude die Triebfeder ist. „Mir macht der Ackerbau einfach Spaß“, sagt Imke Austermann-Cruel aus Detmold-Vahlhausen (Nordrhein-Westfalen). Vor sieben Jahren hatte sie den Betrieb vom ihrem Vater Friedrich-Wilhelm übernommen. Damals stand für den Senior, der auch heute noch tatkräftig mit anpackt, fest: „Ich helfe gern und stehe mit Rat und Tat zur Seite. Aber Du machst das komplette Management.“ Das scheute die damals 34-Jährige überhaupt nicht. Aber klar war auch, die Work-Life-Balance muss stimmen. Schließlich ist da noch die Familie, Ehemann Malte und die beiden Jungs Theo (drei Jahre) und Joris (14 Monate). Deshalb gilt bis heute: „Die Arbeit darf nicht ausufern!“ Dieses Motto zog sich wie ein roter Faden durch die weitere Entwicklung des Betriebs. Im Hauptberuf ist die gelernte Landwirtin und Agraringenieurin bei einem mittelständischen Pflanzenzüchter unweit ihres Heimatortes beschäftigt. Weil der viel Verständnis für die Notwendigkeiten eines landwirtschaftlichen Betriebes hat, ließ er seiner Produktmanagerin viel Freiraum, um ihre Arbeitsteilzeit relativ flexibel zu gestalten. Analog zu den Erfordernissen des Hofes arbeitete sie im Frühjahr und Sommer etwas weniger, was im Herbst und Winter ausgeglichen wurde. Aktuell ist die Mutter zweier kleiner Kinder in Elternzeit.
Gemeinsame Sache: Imke und Malte Austermann-Cruel bewirtschaften im westfälischen Detmold-Vahlhausen einen 100-ha-Ackerbaubetrieb.
Foto: Hollweg
Bewusster Einsatz aller Betriebsmittel
Effizienz ist auch die Messlatte für die Betriebsmittel, wie das Beispiel Saatgut zeigt. Hier setzt Austermann vollständig auf Z-Saatgut. „Diese Beizqualität und Reinheit bekäme ich mit eigenem Nachbau nicht hin“, sagt sie. Zudem habe sie keine Ressourcen für eine vergleichbare Aufbereitung. In der Arbeitsspitze zwischen Ernte und Aussaat will sie sich keine zusätzliche Arbeit „aufhalsen“, und das Getreidelager wird für die eigene Ernte benötigt. Ein weiteres Argument nennt die 41-Jährige für den Saatgutwechsel: „Ich möchte am Züchtungsfortschritt der neuen Sorten teilhaben“, sagt sie. Aufgrund ihrer Arbeit bei einem renommierten Pflanzenzüchter weiß sie, wovon sie spricht. Auch deshalb bestellt sie ihre Sortenfavoriten zügig, um das Z-Saatgut auch termingerecht auf dem Hof zu haben. „Wenn man zu spät ist, kann es auch mal knapp werden“, weiß sie aus vergangenen Jahren. Die zu bestellende Saatmenge ist schnell ermittelt. Tausend-Korn-Gewicht und Keimfähigkeit des Z-Saatguts sind bekannt, und die Anbaufläche steht fest, den Rest erledigt ein Taschenrechner. „Da bleiben keine Reste über, die ich zur Seite legen muss“, sagt Austermann. Entscheidungsgrundlage für die Sortenwahl sind die Landessortenversuche der Landwirtschaftskammer, aber auch eigene Erfahrungen der Vorjahre. „Dabei mache ich durchaus Zugeständnisse beim Ertrag“, sagt die Agraringenieurin. Konkret heißt das: Ertragsstabilität geht vor Spitzenertrag. Darüber hinaus lauten ihre Auswahlkriterien: Standfestigkeit, Gesundheit, Qualität. Abgeholt wird das Saatgut vom Landhandel – zusammen mit dem blauen Z-Saatgut-Etikett – lose auf dem Anhänger. Von dort gelangt es per Förderschnecke in den Tank der Sämaschine. „Das ist von einer Person, auch mit wenig Muskelkraft, mühelos allein zu bewältigen“, sagt Austermann. Es gebe kein Hantieren mit Säcken, und auch das Rangieren der sperrigen Big Bags mit einem zweiten Schlepper entfalle. Auch hier sind die Arbeitsabläufe wohldurchdacht und effizient gestaltet.
Aussaat von Triticale: Die Mulchsaat nach Raps erfolgt Anfang Oktober unter optimalen Bedingungen. Zum Einsatz kommt zu 100 Prozent Z-Saatgut.
Foto: Hollweg
Betriebsentwicklung mit Schwerpunkt Effizienz
Immer an ihrer Seite ist Ehemann Malte Cruel, der maßgeblichen Anteil daran hat, dass die landwirtschaftlichen Arbeiten des 100-Hektar-Betriebes „nach Feierabend und an Wochenenden“ schlagkräftig erledigt werden. Mit seiner Expertise als Maschinenbauingenieur hat der 38-Jährige einen besonderen Blick für die Technik. Und das zeigt Wirkung: In jedem Jahr nach der Betriebsübernahme wurde eine neue, teils gebrauchte Maschine angeschafft. Fast jeder erwirtschaftete Euro wurde in den Betrieb gesteckt mit dem Ziel, die Arbeitsabläufe immer effektiver zu gestalten. „Ja, das kostet Geld, spart aber knapp bemessene Arbeitszeit und teure Betriebsmittel“, begründet Austermann ihre Strategie, „und am Ende ist es einfach nachhaltiger.“ Und ein weiter Aspekt kommt hinzu: der Arbeitskomfort. Bestes Beispiel dafür ist der Schlepper: Vor drei Jahren musste der betagte 145-PS-Allradschlepper einem modernen 160-PS-Traktor weichen. Der war nicht nur viel bequemer, auch der deutlich sparsamere Dieselverbrauch und die vielen elektronischen Helferlein, die ein präzises Arbeiten ermöglichen, waren unschlagbare Argumente für den Tausch. Ein anderes Beispiel ist die Feldspritze, die 2015 erneuert wurde. „Damit können die Pflanzenschutzmitteln exakt dosiert, also sparsam ausgebracht werden“, nennt Austermann ein ebenso ökonomisches wie ökologisches Argument. Und natürlich auch hier der Komfort: Alles sei viel bequemer, so müsse man zum Beispiel für das Entriegeln der Spritzgestänge nicht mehr absteigen. Die letzte Anschaffung war eine moderne Sämaschine. „Die Einstellung des Gerätes und das Abdrehen gehen viel schneller und exakter als vorher“, hat Austermann festgestellt. Und auch die Kornablage sei dank Präzisionstechnik spürbar genauer. „Das deutlich homogenere Saatfeld ist mit dem bloßen Auge zu erkennen“, sagt sie.
Komfort auf Schlepper
Foto: Hollweg
Neues und Bewährtes nebeneinander macht flexibel
Trotzdem, alles steht unter dem Diktat des ackerbaulich Notwendigen – besonders bei der Bodenbearbeitung. Trotz des neuangeschafften Grubbers blieb auch Bewährtes im Programm, was auf den ersten Blick so gar nicht in das Bild von Effizienz passt: der zeit- und energieintensive Pflug. „Wir sind froh, ihn nicht verkauft zu haben“, sagt Austermann. Angesichts des zunehmenden Fuchsschwanzdrucks wird der Boden regelmäßig gewendet. Dieses Jahr wurde vor Raps alles gepflügt. „Und trotzdem überlegen wir bei jeder Fläche ganz genau, ob die Pflugfurche nottut“, erklärt die Ackerbauerin. Auch die rasant steigenden Energiepreise schärfen den Blick dafür. Gestaltungsspielraum sieht Austermann bei der Düngung, obwohl der 2002 erworbene Düngerstreuer noch gute Dienste leistet. Aber: „Wir wollen weg vom Schema F, uns noch mehr Gedanken über Effizienz und Genauigkeit machen“, sagt Austermann und meint damit wirtschaftliches und nachhaltiges Arbeiten. Das gelte für die überwiegend mineralische, aber auch die organische Düngung. Austermann präferiert ein Zusammenspiel aus beiden Varianten. Mit der standardisierten Ware wie Kalkammonsalpeter (KAS) zu Getreide und Raps, schwefelsaurem Ammoniak (SSA) zu Raps oder Diammonphospat (DAP) zu Mais ließen sich die Bestände exakt führen. Zudem sei man durch die eigene Technik flexibler. Die organische Variante – Rückfluss aus der Biogasanlage, die Austermann mit ihrem Mais beliefert und vom Lohnunternehmer ausgebracht wird – verbessere die Humusbilanz und sei angesichts der explodierenden Preise für Düngemittel günstiger. Optimierungspotenzial sieht Austermann in der Sensortechnik, über die teilflächenspezifisch, also nahezu quadratmetergenau, gewirtschaftet werden kann. „Precision farming ist ein interessantes Thema. Es weist den Weg in eine noch effizientere und nachhaltigere Zukunft“, sagt Austermann. Das gelte für Düngung und Pflanzenschutz gleichermaßen. Beim Pflanzenschutz lautet die Devise „eher extensiv als intensiv“. Die Maßnahmen basieren auf den regionalen Beratungsempfehlungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (NRW). Parallel dazu begutachtet die Landwirtin intensiv ihre Bestände, zählt Unkräuter in der Fläche, wertet Gelbschalen aus und orientiert sich an Schadschwellen. Klinisch rein ist nicht das Ziel. In diesem Sinne sei man „kein Vorzeigebetrieb“, wohl eher im Sinne von Naturschutz und Nachhaltigkeit. In Anlehnung an den integrierten Pflanzenschutz bedeutet das: so viel wie nötig, so wenig wie möglich!
Raps
Foto: Hollweg
Sandiger Lehm
Foto: Hollweg
Vielfältige Fruchtfolge mit Ackerbohnen
Während beim Pflanzenschutz eher geknausert wird, darf es bei der Fruchtfolge etwas mehr sein. Austermann hat sich im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen des Landes NRW zum „Anbau vielfältiger Kulturen im Ackerbau“ verpflichtet. Mindestens fünf verschiedene Kulturen sind vorgegeben, jede mit mindestens 10 % und maximal 30 % Anbauanteil, Getreide wird auf maximal 66 % begrenzt. Zudem ist der Anbau von 10 % Leguminosen zwingend vorgeschrieben. Die Eingliederung der Ackerbohne hat Austermann nicht bereut. „Sie hat die Fruchtfolge bereichert und ist eine hervorragende Vorfrucht für den Winterweizen“, hat sie erfahren. Hinzu kommen Zwischenfrüchte, insbesondere ein Senf-Ölrettich-Gemenge vor Mais, das über den Winter abfriert und dann eingearbeitet wird. Auch Gemenge mit Phacelia, Rauhafer und Ramtillkraut, die den Humusgehalt fördern, kommen zum Einsatz. Davon profitiert die Ackerkrume, denn das Bodenleben wird aktiviert und das Nährstoff- und Wasserhaltevermögen spürbar verbessert. „Und das klimaschädliche Gas Kohlendioxid wird fixiert“, nennt Austermann eine weitere positive Umweltleistung. Für das Greening jedenfalls werden die Zwischenfrüchte nicht benötigt, dafür hat der Betrieb genügend Feldrandstreifen, Brachen und Blühflächen. Durch die Vorgaben des Programms muss mehr als vorher gerechnet und „jongliert“ werden, bis am Ende der Anbauplan steht. Das liegt auch an dem eigenen Anspruch, eine Flächenaufteilung hinzubekommen, „die nur wenige Umbauten der Geräte beim Schlagwechsel notwendig macht“. Obwohl der Betrieb vollständig arrondiert ist, wird hier das Letzte an Effizienz herausgekitzelt. Am Ende steht eine Fruchtfolge, die in etwa diesem Rhythmus folgt: Silomais/Ackerbohnen – Winterweizen (A) – Winterraps – Wintertriticale/Wintergerste. Die letzten zwei Jahre blieb die Gerste außen vor. „Es hatte aufgrund der Flächengröße nicht gepasst“, erklärt Austermann und nennt den Dinkel eine Option für die Zukunft.
Betriebsspiegel
Betrieb
Austermann-Cruel, Detmold-Vahlhausen
Betriebsleiterin:
Imke Austermann-Cruel
Gesamtfläche: 100 ha Ackerfläche und
4,3 ha Grünland (davon 60 ha gepachtet)
3 ha Wald
Bodenart: Lehm, bzw. sandiger Lehm
(40 – 65 Bodenpunkte)
Niederschlag: 800 mm im Jahr, gute Niederschlagsverteilung Jahresdurchschnittstemperatur: 9,3 °C
Ackerbau:
Winterweizen (A): 26 ha (80 dt/ha) Wintertriticale: 22 ha (80 dt/ha)
Wintergerste 2019: 10 ha (55 – 65 dt/ha)
Winterraps: 17 ha (35 – 40 dt/ha)
Silomais: 15 – 18 ha (550 dt/ha)
Ackerbohnen: 10 – 12 ha (35 – 40 dt/ha) Zwischenfrüchte: 15 – 18 ha
Keine Tierhaltung
Außentechnik:
zwei Traktoren (160 und 115 PS)
ein Mähdrescher
eine Pflanzenschutzspritze
eine Saatkombination
ein Zwei-Scheiben-Düngerstreuer
zwei Grubber
ein Pflug
zwei Mulcher
vier Anhänger
für Grünland: Mähwerk, Wender, Schwader
Betriebliche Flexibilität heute und in Zukunft
Nicht so recht ins Bild der Top-Effizienz passt der 35 Jahre alte Mähdrescher. „Den hätten wir gut verkaufen können“, sagt die Betriebsleiterin, doch mit der alten Maschine bleibe man flexibel. Wenn es bei der Ernte wetterbedingt eng wird und der Lohnunternehmer keine Zeit hat, wird die alte Maschine angeschmissen und das Getreide in den kurzen trockenen Phasen selbst gedroschen. „So haben wir dieses Jahr die Triticale in einigen Etappen geradezu vom Feld gestohlen“, erzählt Austermann, deren Mutter Bärbel in der Erntezeit mit Freude den Drescher steuert. Die Wetterextreme der zurückliegenden Jahre ließen die Erträge stark schwanken. Die Bilanz 2021 ist in Ordnung. Ein Teil der Getreideernte sowie die gesamte Raps- und Bohnenernte gehen immer direkt nach dem Drusch per LKW-Verladung ab Hof an den Landhandel. Der größte Teil aber, ausschließlich A-Weizen, wandert in das knapp 200-Tonnen-Lager. Für eine eventuelle Trocknung stehen zwei Anlagen zur Verfügung. Alles in allem zeigt der Betrieb Austermann-Cruel ein in sich stimmiges Konzept, das auf Effizienz und Nachhaltigkeit ausgelegt ist. Doch wie geht es weiter angesichts der intensiv geführten Debatte um die Zukunft der Landwirtschaft? „Wir müssen registrieren, was Gesellschaft und Politik von uns erwarten“, stellt Austermann fest. Und: „Nur wenn unsere Arbeit akzeptiert und wertgeschätzt wird, können wir erfolgreich wirtschaften.“ Auch deshalb sucht sie das Gespräch mit den Dörflern, wenn sie „mit der Spritze über das Feld fährt“ oder kündigt „frische Landluft“ an, wenn Gärsubstrat ausgebracht wird. Mit Blick auf die Landwirtschaft als zweites Standbein neben dem Beruf formuliert das Ehepaar Austermann-Cruel einige „lockere Ideen“: Vielleicht werde man mit dem Lohnunternehmer oder mit anderen Landwirten intensiver zusammenarbeiten. Und auch die Öko-Landwirtschaft ist eine Option, über die man sich auf dem Hof Austermann-Cruel Gedanken macht. Am wichtigsten aber ist die Freude an der Arbeit. „Solange es uns Spaß macht, werden wir weitermachen“, sagen beide.
Walter Hollweg